Während nun unsere Honigbienen in kompliziert aufgebauten Staaten leben, sind die meisten Wildbienen Einzelgänger: jede Königin baut für sich ein Nest. Sie legt ein Ei hinein, versorgt es mit Pollennahrung, verschließt es vorsorglich und fliegt davon. Manchmal benutzen auch mehrere Königinnen eine gemeinsame Nestanlage und die Furchenbiene betreibt sogar direkte Brutpflege – Vorstufen zur sozialen Lebensweise der Honigbiene. Die ebenfalls zu den Wild-bienen gehörenden Kuckucksbienen sind Nestschmarotzer. Wie ihre Namensvettern aus der Vogelwelt legen sie ihr Ei in Abwesenheit der Königin in deren Nest, wo die schlüpfende Larve die Larve der Wirtsbiene tötet und sich von ihren Vorräten ernährt.
Hört man Blütenbestäubung, denkt man automatisch an die Honigbiene. Dabei haben hier Wildbienen oft eine viel höhere Bedeutung: in Gegenden ohne Imker können sie einen vollwertigen Ersatz beim Bestäuben der Obstbäume darstellen. Bei der Vermehrung von Ackerfutterpflanzen, wie Rotklee und Luzerne bringen Wildbienen sogar eine bessere Bestäubungsleistung als Honigbienen. Profitorientierte amerikanische Großbauern stellen daher schon seit Jahren neben ihren Feldern Nisthilfen für Wildbienen auf und erzielen so eine bessere Ernte. Auch in der Natur sind Wildbienen unentbehrlich. Pflanzen mit geringem Nektarangebot, die von Honigbienen verschmäht werden, können oft nur durch die Bestäubung durch Wildbienen überleben.
Wildbienen – bedrohte Wildtiere
Seit etwa 20 Jahren ist nun ein alarmierender Rückgang bei Wildbienen zu verzeichnen. 1980 wurden in Deutschland sämtliche Wild-bienen unter Schutz gestellt, 35% aller Arten stehen auf der Roten Liste, 7% sind bereits ausgestorben, Tendenz steigend. Ursachen sind zum Ersten die fortschreitende Zerstörung ihrer Lebensräume. Rebflurbereinigungen bedrohen die wärmelie-benden Arten der Weinberge, Trockenrasen, Magerwiesen, vegetationsfreien Wege, Abbruchkanten, Hecken, Streuobstwiesen mit morschen Bäumen, Auwäldern oder Kiesgruben. Diese Lebensräume verschwinden zusehends aus dem moder-nen, sauber aufgeräumten Landschaftsbild. Moderne Bauwerke bieten keine Mauerrisse und Höhlungen als Nistplatz mehr, kein Haus wird mehr mit Reetdächern gedeckt oder mit Lehm ver-putzt. Auch moderne Gärten und Parks mit gepflegten Rasenanlagen sind kein Wildbienenbiotop mehr. Herbizide vernichten ihre Nahrungsquelle – blühende Unkräuter – und Insekten-schutzmittel töten die Tiere selber. Und der Straßenverkehr tut sein übriges: jährlich sterben Abermillionen von Bienen auf den Windschutzscheiben fahrender Autos.
Wildbienenschutz – jeder kann etwas tun
Wildbienenschutz ist in erster Linie Biotopschutz in der freien Natur. Aber auch im eigenen Garten lassen sich mit einfachsten Mitteln eine große Anzahl von anpassungsfähigeren Arten ansiedeln. Und auch ohne Garten: auf der Suche nach geeigneten Lebensräumen verirren sich die Tiere auch auf Fenstersimse und Balkone mitten in der Stadt: der Tübinger Wildbienenforscher Paul Westrich konnte auf seinem wildbienenfreundlich gestalteten Balkon im dritten Stock dreißig verschiedene Wildbienenarten als regelmäßige Besucher und Siedler beobachten – darunter auch drei hoch gefährdete Arten.
Wildbienen im Garten oder auf Balkonen sind genügsame, freundliche Haustiere: sie erhalten und ernähren sich selber, machen keine Arbeit, sind dem Menschen gegenüber friedlich und können mit ihrem kurzen Stachel auch gar nicht des-sen Haut durchdringen. Außerdem sind sie interessante Beobachtungsobjekte für Kinder und Erwachsene – Natur pur mitten in der Großstadt. Zur erfolgreichen Ansiedelung von Wildbienen muss man ihren Bedürfnissen gerecht werden: genügend Nahrungsangebot und geeignete Nistplätze.
Nahrungsangebot: Kein anderes nektarfressendes Insekt ist so sehr auf heimische Wildpflanzen angewiesen wie die Wildbiene. Zwar werden von anpassungsfähigeren Arten auch einige ausländische Zierpflanzenarten akzeptiert wie die Zierstrohblume, die meisten Wildbienen sind in der Wahl ihrer Pollenpflanzen jedoch hochspezialisiert, manche von ihnen sogar nur auf eine einzige Blumenart. So sammelt die Weidenröschen-Blattschneiderbiene nur den Pollen von Waldweidenröschen, die Natternkopf-Mauerbiene nur von Natternkopf. Will man also Wildbienen auf Balkon oder Garten heimisch machen, gilt die Regel: Wildblumen und Wildsträucher pflanzen, möglichst viele verschiedene Arten. Im folgenden eine Auflistung der bei Wildbienen beliebtesten Gewächse (nach R.Witt: Wildblumen für jeden Garten):
Wiesenblumen: | Gehölze: |
Wiesenlöwenzahn 72 Arten Gewöhnlicher Hornklee 57 Arten Weißklee 41Arten Scharfer Hahnenfuß 40 Arten Wiesenflockenblume 39 Arten Natternkopf 37 Arten Wegwarte 37 Arten Skabiosenflockenblume 32 Arten Kleines Habichtskraut 32 Arten Gewöhnliches Ferkelkraut 31 Arten Wiesenbärenklau 30 Arten |
Salweide 34 Arten Gemeine Brombeere 26 Arten Ohrweide 19Arten Schlehe 18Arten Apfelbaum 17Arten Zweigriffeliger Weißdorn 16Arten Vogelkirsche 15Arten Birnbaum 12Arten Stechpalme 11Arten Hundsrose 10Arten |
Quelle: www.naturgarten.org
Autorin: Gabriele Pichler
Literatur:
Bellmann, Heiko: Bienen, Wespen, Ameisen. Kosmos Verlag
Treiber, Reinhold: Wildbienen – eine Einführung
Naturkundliche Beiträge – Internet (www.projektwerkstatt.de)
Westrich, Paul: Wildbienenschutz in Dorf und Stadt. Arbeitsblätter zum Naturschutz, Baden-Württemberg Nr.1
Witt, Reinhard (1995): Wildblumen für jeden Garten. BLV-Verlag München.
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